10.01.2025 | Tappenbeck – Während ein Mitglied des Bertrandt-Vorstands aus Ehningen im Hauptgebäude des Standorts Tappenbecks mit dem Betriebsrat über den geplanten, radikalen Jobabbau beim Entwicklungs- und Ingenieursdienstleister verhandelte, wurde es draußen vor dem Werkszaun laut. Knapp 100 Metallerinnen und Metaller von Bertrandt und anderen Betrieben wie etwa der IAV oder HCL protestierten während ihrer Mittagspause lautstark gegen diese Kahlschlags-Pläne. Ihre Botschaft ist eindeutig: Wir kämpfen um jeden Arbeitsplatz!
Bis zu 1200 Arbeitsplätze will der Ingenieursdienstleister mit Hauptsitz in Ehningen abbauen, rund 600 davon allein in Tappenbeck. Vom geplanten Stellenabbau sind hauptsächlich hoch qualifizierte Fachkräfte in den Bereichen digitale und physische Entwicklung betroffen, aber auch Teile der Verwaltungsbereiche und Führungskräfte sind davon bedroht. Die Stimmung innerhalb der Belegschaft ist dementsprechend aufgeheizt. Einfach klein beigeben ist für die Kolleginnen und Kollegen bei Bertrandt keine Option, wie die Protest-Aktion - die erste ihrer Art überhaupt bei Bertrandt in Tappenbeck - zeigt.
Betriebsrat und die IG Metall versuchen die Abbaupläne seit Monaten durch Gesprächsangebote und eigene Vorschläge zu verhindern. „Einfach Kündigungen auszusprechen ist zu einfach und zu kurz gedacht. Entlassungen müssen das letzte Mittel der Wahl sein. Wenn eine Fachkraft mit ihrer Expertise erstmal weg ist, dann kommt sie nicht so schnell wieder - gerade in Zeiten des Fachkräftemangels. Da erwarten wir mehr vom Management“, betonte Sebastian Schien, politischer Sekretär bei der IG Metall Wolfsburg.
Doch leider blockt der Vorstand in Ehningen konstruktive Gespräche mit der IG Metall bisher konsequent ab. Selbst an einem gemeinsamen Austausch mit Bundesarbeitsminister Hubertus Heil bestand kein Interesse. „Auch die Ideen von Betriebsrat und IG Metall werden leider nicht auf- oder ernst genommen. Deshalb bleibt uns jetzt nichts anderes übrige, als mit solchen Aktionen für die gebotene Aufmerksamkeit zu sorgen“, so Schien.
Die Arbeitnehmervertreter fordern vom Unternehmen ein tragfähiges Zukunftskonzept statt simplem Kahlschlag und mahnen vor Kurzschluss-Handlungen. „Jetzt wo auch bei Volkswagen mit dem Tarifabschluss wieder Klarheit herrscht, sind auch wieder mehr Aufträge zu erwarten. Statt kurzsichtig Fachkräfte zu entlassen, sollte man auf Instrumente wie Kurarbeit setzen, um das Team an Bord zu halten. Einmal abgewanderte Expertise gewinnt man gerade in Zeiten des Fachkräftemangel nicht so schnell zurück“, sagt Schien abschließend.